Finns Diabetesmanifestation

Mein Sohn Finn war ungefähr 17 Monate alt, als uns so nach für nach die bekannten Symptome auffielen, an denen man Diabetes Typ 1 manifestieren kann. Es war Sommer und ziemlich warm, so dass es zunächst dauerte, bis wir hellhörig wurden. Er bekam mehr Durst, die Windel wurde schneller voll. Gut, haben wir gedacht, wird am Wetter liegen oder mal wieder durch einen Wachstumsschub sein. An Diabetes wollte ich auch gar nicht denken. Um Gottes Willen, nicht das!

Also warteten wir ab. Aber als dann Finn zum ständigen Windel "vollpillern" auch noch Nachts durchschlief und verdächtig schlapp und müde wurde, machte ich mir ernsthaft Sorgen. Unser Finn war ein Wirbelwind, immer in Aktion, der gern und viel gelacht hat und immer raus an die frische Luft wollte. So träge und still kannten wir unser Kind nicht.... ich musste mich nun doch mit der Möglichkeit auseinandersetzen, dass er eventuell Diabetes haben könnte.

Es war der 18.08.2008 morgens 8.00 Uhr, als ich ihn mit meinem Blutzuckermessgerät testete..... 276 mg/dl!!!! Der Schock saß.... ich rief sofort unseren Kinderarzt an: "Ich hoffe, meine Blutzuckermessgerät ist kaputt. Ich hab bei Finn gerade 276 mg/dl gemessen!" ich wurde bereits leicht panisch..... die Antwort der Sprechstundenhilfe: "Kommen Sie vorbei, und dann gucken wir uns Finn an!"

Damit sollte ein gefühlt nie endender Tag seinen Lauf nehmen. Mein Meßgerät war leider nicht defekt. Wir fuhren also mit einer Einweisung in die nächste Kinderklinik. Nach einigen Untersuchungen und dreistündigem Warten, in denen Finn noch keinen Tropfen Insulin erhalten hatte, wurde uns gesagt, sie hätten keinen Kinderdiabetologen vor Ort, wir müßten in die nächste Kinderklinik fahren!!! Nicht zu fassen, und dafür mussten wir ganze drei Stunden warten....

Also schnappten wir unser Kind, der mittlerweile auch noch Hunger hatte und ich überhaupt nicht wußte, was gebe ich ihm zu essen? Gebe ich ihm überhaupt was?, und fuhren also in die nächste Kinderklinik, die Gottlob nur 25 km weiter lag.... von dieser Klinik hatte ich in Zusammenhang mit Diabetes schon viel Gutes gehört. Ich hatte die Hoffnung, dass wir dort besser aufgehoben sind, und dass uns doch endlich mal geholfen wird.

Leider hatte diese Klinik kurz vorher neu gebaut und das Pflegepersonal wurde auf die neuen Stationen neu verteilt. Es war schlichtweg ein Disaster. Davon mal abgesehen, dass keiner wirklich Zeit für die Kinder hatte, wir nicht einmal gefragt wurden, wie es uns jetzt mit der Diagnose geht. Teilweise wurde uns vorgeworfen, wir könnten noch nicht wirklich mit dem Diabetes umgehen. Finn mochte die Schwestern und Ärzte nicht. Wenn mein Mann und ich zu den Schulungen mußten, ist Finn lieber bei der anderen Mutter aus unserem Zimmer geblieben, als bei den Schwestern zu bleiben. Mein Mann und ich sind abwechselnd über Nacht geblieben, sprich jeden 65 km hin und wieder zurück. Allein 3 Tage hat es gedauert, bis meinem Sohn ein Blutbild abgenommen werden konnte, und dass nur, weil das Blutbild Medizinstudenten abnehmen sollten. Mein Kind schrie und schrie, und ich hätte nur noch heulen können...... am dritten Tag haben wir erst kapiert, dass das lediglich Studenten waren. Wir bestanden auf die Stationsärztin und das Blutbild war ratzfatz abgenommen..... mein Gott, Finn war gerade 20 Monate alt..... er läßt heute noch nicht von jedem Blut bei sich abnehmen!!!

Nach zwei Wochen durften wir endlich gehen. Mit Spritzentherapie im Gepäck..... ich war entsetzt, als Pumpenfan hätte ich gern sofort auch eine Pumpe für Finn gehabt. Aber uns wurde nur gesagt, bei so kleinen Kindern würde man keine Pumpentherapie durchführen.... für uns stand fest, die sehen uns nicht wieder!

Kaum zu Hause habe ich mich umgehört und in einer anderen Kinderklinik angerufen und um einen Vorstellungstermin gebeten in der Ambulanz. Der leitende Oberarzt rief zurück und ich erzählte von unseren bislang nicht so schönen Erfahrungen. Seine Frage war: "Möchten Sie für Ihren Sohn gern eine Insulinpumpe?" "Wenn das geht gern und sofort!" war meine Antwort. Drei Tage später waren wir dort nochmal für eine Woche stationär. Was ein Unterschied....wir wurden in die Therapie von Anfang miteinbezogen. Jede Veränderung an der Basalrate oder den KE-Faktoren wurde mit uns besprochen, genauso wie ich das aus meinen eigenen Schulungen kannte. Es war Gott sei Dank die richtige Entscheidung.....

Mittlerweile ist auch nicht immer alles eitel Sonnenschein. Finn traut sich immer noch nicht, den Insulinkatheter selbst zu setzten. Er hat es mal eine Zeitlang selbst gemacht, aber das waren Teflonkatheter mit einer Setzhilfe. Das fiel ihm leichter. Blut abnehmen läßt er nur bei seinem Kinderarzt. "Die können das viel besser. Da tut das gar nicht weh!" sagt er immer.

Ich denke alles zu seiner Zeit. Bislang hat er alles zu seiner Zeit selbst hinbekommen. Ich bin mir absolut sicher, so wird das auch mit dem selbständigen Setzen des Insulinkatheters sein. Bis er soweit ist, darf er bei mir üben. Das kann er schon richtig gut. 

Aber jedes Jahr am 18.08., wenn Finns Diabetes Jahrestag hat, muss ich immer an diese erste Zeit denken, und wie kopflos man erst ist. Total geschockt und wie in Watte gepackt, hab ich mich gefühlt. Ich wollte doch für mein Kind nicht so einen Sch....!!! Mittlerweile kann ich aber sagen, wir versuchen das Beste draus zu machen. Ich find es immer noch schlimm, aber letztendlich nutzt es nichts ständig zu jammern.... klar, man muss auch mal jammern, aber irgendwann heißt es wieder: Augen zu und durch....!

 

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