Elterliche Präsenz und Diabetes

Elterliche Präsenz und Diabetes - wie passt das zusammen? Wie ich finde, hat das bei Eltern mit diabetischen Kindern eine ganze Menge zu tun. Wie schnell kann es durch den Diabetes zu Auseinandersetzungen mit dem Kind kommen? Da können alle Betroffenen schnell an ihre Grenzen geraten. Besonders als Eltern, kann man schnell das Gefühl bekommen, dass einem das Kind irgendwie entgleitet und dass es die wohlgesinnte Haltung nicht verstehen oder nachvollziehen will/kann. Hier nur mal zwei mögliche Beispiele:  Der Nachwuchs weist hohe Blutzuckerwerte auf, und man weiß einfach nicht, wo die denn schon wieder herkommen. Sofort rattert im Kopf der Eltern ein immer wieder kehrendes Schema ab: Wachstumsschub, Infekt im Anmarsch, Insulinpumpe oder Pen defekt? Bis man soweit nachgedacht hat, findet man im Zimmer des Nachwuchses Schokoladenpapier. Man wird total sauer, weil man schon zig mal erklärt hat, dass auch für Schokolade Insulin notwendig ist, und man ja hohe Blutzuckerwerte vermeiden soll.... ein anderes Beispiel: Junior soll seine Blutzuckerwerte vorzeigen, damit man die Werte aufschreiben kann. Aber man stellt fest, dass man keine Werte aus dem Speicher des Blutzuckertestgerätes lesen kann, weil Junior nicht gemessen hat. Dabei war der letzte HBa1c bereits bei 8,5%..... Dies sind mögliche Situationen, in denen der Diabetes für reichlich Konfliktpotential sorgt.

Hier kann das Konzept der Elterlichen Präsenz eine mögliche Unterstützung sein. Es beruht auf dem Konzept des gewaltlosen Widerstands von Ghandi und wurde von Haim Omer aufgegriffen und für den pädagogischen Alltag angepasst. Das Konzept zeigt Möglichkeiten auf, in pädagogisch eskalierenden Situationen, und der Diabetes kann sehr wohl solch eine Situation sein, einen dritten Weg zwischen Kampf und hoffnungslosem Resignieren zu finden.

Dieser dritte Weg beinhaltet 7 Prinzipien:

  1. eine anklagefrei Grundhaltung, d.h. die Schuld wird nicht bei Personen sondern in dem entstandenen Verhaltensmustern gesehen.
  2. die Aufgabe der Illusion, wir könnten das Denken, Fühlen und Wollen des Kindes/Jugendlichen kontrollieren.
  3. den vom Kind/Jugendlichen gezeigten destruktiven Verhaltensweisen stand zu halten und deutlich zu machen, dass man dieses nicht duldet und gleichzeitig verdeutlichen, dass man für das Kind eintritt.
  4. verschiedene Maßnahmen, in denen die vermehrte Präsenz des Erwachsenen deutlich wird, ohne dabei Drohungen, Abwertungen und Gewalt anzuwenden.
  5. das ungewünschte Verhalten und die eskalierte Situation nicht länger geheim zu halten, es wird darüber Öffentlichkeit hergestellt.
  6. soziale Unterstützungsysteme zu aktivieren.
  7. nicht schnelle Veränderung, sondern den Aufbau von Beziehung und langfristige Veränderung.

Genrell ist die heutige Erziehung von Kindern eine riesengroße Verantwortung. Es herrscht immer mehr Unsicherheit, wie eine gelingende Erziehung aussehen sollte, damit aus unseren Kindern verantwortungs- und selbstbewußte Erwachsene werden. Wenn dann dazu eine chronische Erkrankung wie der Diabetes hinzu kommt, stellt das eine zusätzliche Herausforderung dar, die für Kinder und Jugendliche als auch für deren Familien viele Fragen und Ängste aufwirft und unter Umständen für viel Konfliktpotential in den Familien sorgt. Sollte sich jemand durch diesen Artikel angesprochen fühlen, und über ein Elterncoaching nachdenken, nehmt Kontakt zu mir auf. Manchmal braucht es nur einen Perspektivwechsel, damit man wieder Handlungsfähig wird.....

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Kommentare: 2
  • #1

    SimoneZ (Freitag, 04 Mai 2018 16:39)

    Hallo,
    Die Prinzpien hören sich ja gut an aber so richtig praktische Tipps wären toll. Gerade bei den im Text genannten Beispielen: wie geht man dann nach den Prinzipien damit um wenn ständig heimlich an die Schokolade gegangen wird obwohl sie schon weg gestellt ist aber sobald man vergisst das Schlafzimmer abzuschliessen wird die Gelegenheit genutzt... und dann wird alles abgestritten... und die Dame ist 12 ... und egal ob Diabetes oder nicht. Auch ohne Erkrankung soll ja nicht tageweise die Schoko verfrüht werden... Pubertät und Diabetes ist eine schlimme Mischung. Und jeder, der sagt " sei froh dass es nur Diabetes Ist, ist doch besser als zb Krebs , den wünsche ich mal an unserer Stelle.
    Aber danke für die Anregungen.
    Liebe Grüße aus Hessen.
    Simone mit Dia-Mädchen

  • #2

    Sweet Systems (Freitag, 04 Mai 2018 18:04)

    Allgemeingültige Tipps gibt es da leider nicht, da jeder Mensch unterschiedlich ist. Was bei dem einen gut funktioniert muss bei dem anderen noch lange nicht das Richtige sein. Ich hoffe, liebe Simone, traust Dich nochmal zu schreiben. Vielleicht könnten wir Euer Anliegen in einem persönlichem Gespräch klären? Viele Grüße
    Danny Kesting